1.) Einsatz von Fernerkundungssatelliten
Die über Jahrzehnte etablierten Datenerfassungsmethoden der Fernerkundung im LGL (Luftbild- und Laserbefliegungen) werden ergänzt durch den Einsatz von Fernerkundungssatelliten, die durch die rasante Entwicklung der Satellitentechnik auch für die nichtmilitärische Nutzung d.h. zivile Nutzung, neue Anwendungsgebiete eröffnen.
Im Rahmen des durch die Digitalisierungsstrategie digital@bw des Landes geförderten Projekts „Kompetenzfeld Satellitendaten“ wird das Kompetenzzentrum Fernerkundung im LGL um die Nutzung von Satellitendaten erweitert. Kernziele des Projekts sind die Untersuchung des Potenzials der Satellitenfernerkundung für den öffentlichen Bereich sowie die Bedarfsbündelung und -koordinierung im Land. Zudem werden Verfahren zur zentralen Aufbereitung dieser hochwertigen, komplexen Satellitendaten entwickelt. Die Satellitendaten sowie die Standard-Folgeprodukte können dann den Landes- und Kommunalverwaltungen und kleineren und mittleren Unternehmen für innovative, zukunftsorientierte Anwendungen und dem Bürger zur Verfügung gestellt werden. So kann kontinuierlich, standardisiert und qualitätsgesichert die Weiterverarbeitung erfolgen. Auch die Grenzen der Technik – im Hinblick auf die über Jahrzehnte etablierten Datenerfassungsmethoden – werden aufgezeigt.
Beispielhaft soll in nachfolgender Abbildung das Potenzial der Satellitendaten ersichtlich werden. Dargestellt ist ganz Baden-Württemberg aus Sentinel-2-Aufnahmen des Monats August 2020. Die Detailaufnahmen zeigen den Federsee im Landkreis Biberach. Hier wird einerseits aufgezeigt, dass durch die hohe Wiederholrate jahreszeitliche Analysen (Winter, Frühjahr, Sommer, Herbst) möglich sind. Es wird andererseits aber auch deutlich, welches spektrale Potenzial in den Satellitendaten steckt. So können über die Darstellung im Infrarotbereich und mit dem Normalized Difference Vegetation Index (NDVI) die Vitalität und photosynthetische Aktivität der Vegetation abgeleitet werden. Es können aber auch Wasserflächen über einen „Wasserindex“ (NDWI) detektiert sowie Klassifizierungen nach Gewässer, Siedlung, Landwirtschaft und Forst erfolgen.
In den verschiedensten Darstellungen wird hier am Beispiel der optischen Multispektralsensoren deutlich, dass ein enormes Nutzungspotenzial für beispielsweise Waldschäden, Überflutungsflächen, aber auch Schutzgebiete vorliegt.
2.) Produktion von Baden-Württemberg-Mosaiken aus Sentinel-2-Daten
Die Entwicklungen in der Satellitenfernerkundung wurden in den letzten Jahren besonders durch die Einrichtung des Copernicus-Programm der ESA mit den kostenfrei zur Verfügung stehenden Daten der Sentinel-Missionen vorangetrieben. Hier ist insbesondere die Sentinel-2-Mission zu nennen, die optische multispektrale Daten liefert (13 Bildkanäle). Je nach Kanal stehen unterschiedliche geometrische Pixelauflösungen zur Verfügung (die bestmögliche Auflösung liegt bei 10 m in den RGBI-Kanälen). Die Wiederholrate der Sentinel-2-Einzelaufnahmen beträgt in unseren Breitengraden 3 bis 5 Tage, sodass engmaschige Überwachungsszenarien bezogen auf Land-, Forst- und Umweltwirtschaft bedient werden können.
(Quelle: www.esa.int) Durch die Aufnahmegeometrie der Sentinel-2-Mission stehen innerhalb weniger Tage neue Satellitenaufnahmen jedes Ortes der Erde zur Verfügung.
Die Daten der Sentinel-2-Mission werden im Rahmen des Projekts für die Landesfläche Baden-Württembergs aufbereitet und interessierten Nutzern zur Verfügung gestellt.
Dabei werden Daten in 10m- und 20m-Auflösung als monatliche Darstellungen zu einem Bildmosaik, zugeschnitten auf BW, verarbeitet. Durch die Verwendung aller verfügbaren Szenen eines Monats wird die Wahrscheinlichkeit für wolkenfreie Aufnahmen maximiert. Falls dennoch Restwolken vorhanden sein sollten, werden diese ausmaskiert und die entsprechenden Pixel zu „No Data“ gesetzt. Geplant ist die Erstellung einer kontinuierlichen Zeitreihe, beginnend im Januar 2020.
Die monatlichen Mosaike in der geometrischen Auflösung von 10 m sind als Darstellungsdienste (WMS) im Geoportal BW unter der Kartenkategorie „Satellitenbilder“ hinterlegt. Sie stehen als RGB- und als CIR-Kanalkombinationen zur Verfügung. Falls im Geoportal BW mehrere Monatsmosaike ausgewählt sind, können die Unterschiede zwischen zwei Zeitpunkten oder zwischen zwei Darstellungsarten über einen Schieberegler im Karten-Ebenen-Vergleich sichtbar gemacht werden. Dieser ist über das interaktive Menü (Haus-Symbol im Geoportal BW) aufrufbar.
Verschiedene Darstellungen und Direktvergleich zweier Mosaike über den Kartenebenen-Vergleich im Geoportal BW (hier: Kaiserstuhl, April 2020, links: RGB, rechts: CIR)
Probieren Sie es gerne direkt selbst aus und stöbern Sie in den Daten:
Die WMS-Dienste stehen außerdem kostenfrei für jeden interessierten Nutzer zur Verfügung und können mit Hilfe der nachfolgenden URLs als Hintergrundkarten in ein GIS-System der Wahl eingebunden werden:
- 2020
- RGB: https://owsproxy.lgl-bw.de/owsproxy/ows/WMS_LGL-BW_SAT_Sentinel-2_2020_RGB_10m
- CIR: https://owsproxy.lgl-bw.de/owsproxy/ows/WMS_LGL-BW_SAT_Sentinel-2_2020_CIR_10m
- 2021
- RGB: https://owsproxy.lgl-bw.de/owsproxy/ows/WMS_LGL-BW_SAT_Sentinel-2_2021_RGB_10m
- CIR: https://owsproxy.lgl-bw.de/owsproxy/ows/WMS_LGL-BW_SAT_Sentinel-2_2021_CIR_10m
Entsprechend ihrem Namen dienen die Darstellungsdienste der reinen Visualisierung der Landesfläche aus dem All und ermöglichen somit (optische) Zeitreihenanalysen zur Überprüfung von Prozessen und Veränderungen der Erdoberfläche (z.B. Monitoring-Verfahren in der Landwirtschaft, Begleitung von Infrastruktur-Projekten, ...).
Die Baden-Württemberg-Mosaike können aber ebenfalls als Basis für weiterführende Arbeiten, wie beispielsweise die Ableitung der Landbedeckung, genutzt werden.
3.) Ableitung der Landbedeckung aus Fernerkundungsdaten
Ein weiterer Schwerpunkt des Projektes „Kompetenzfeld Satellitendaten“ ist die Nutzung der Satellitendaten zur Unterstützung und möglicherweise Optimierung bestehender Arbeitsprozesse im LGL. So wird beispielsweise durch Kombination der Satellitendaten mit anderen Fernerkundungsdaten des LGL (z.B. Digitalen Gelände- und Oberflächenmodellen) und unter Anwendung moderner Klassifizierungsmethoden die Landbedeckung abgeleitet. Die Untersuchungen umfassen die Evaluierung verschiedener (Raster-)Eingangsdaten, der Entwicklung und Anpassung entsprechender Klassifizierungsworkflows sowie die statistische Auswertung der Ergebnisse.
Nachgelagertes Ziel der Ableitung der Landbedeckung ist die Generierung von Veränderungshinweisen und somit die Aktualisierung bestehender Geodatensätze des LGL.
Ergebnisse der Landbedeckungsklassifizierung bei Verwendung verschiedener Eingangsdatensätze (Ausschnitt: Esslingen).
Bei Fragen zum Projekt wenden Sie sich bitte an Frau Maryse Hillemann
Telefon: | 0721 / 95980 – 521 |
E-Mail: | maryse.hillemann@lgl.bwl.de |