Folgerichtig wurden in den folgenden Jahren viele Rechtsbereiche grundlegend novelliert und fand die Berücksichtigung des Naturschutzgedankens Eingang in die Gesetzgebung. Auch das Flurbereinigungsgesetz wurde 1976 neu gefasst und definiert die Flurneuordnung seither im Sinne einer erweiterten Aufgabenstellung. Sie dient nunmehr mit gleichem Rang der Förderung der allgemeinen Landeskultur und der Landentwicklung. Landeskultur umfasst dabei alle ökonomischen und ökologischen Aspekte, die den Bemühungen um die land- und forstwirtschaftlich genutzte Landschaft zugrunde liegen.
In der Folge konnten in Flurneuordnungsverfahren verstärkt Akzente im Bereich des Naturschutzes oder der Gewässerentwicklung gesetzt werden.
Die Wirtschaftswunderjahre waren gekennzeichnet von einem starken Anstieg des Verkehrs, ausgelöst durch eine boomende Wirtschaft und die zunehmende individuelle Motorisierung. Steigender Wohlstand und die Ausweitung der Freizeit ermöglichten es vielen Menschen erstmals, Urlaub außerhalb Deutschlands zu machen. Eine Reisewelle, vor allem in den Süden, war die Folge. Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur wurde zu einer vordringlichen Aufgabe für Politik und Verwaltung.
Beginnend in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre bis weit in die 1990er Jahre hinein prägte daher dieser Ausbau der Verkehrsinfrastruktur die Arbeit der Flurneuordnung. Beispielhaft seien hier der Autobahnbau, Tunnelbauwerke oder die Erweiterung des Stuttgarter Flughafens genannt, die in dieser Ära durch zielgerichtete Flurneuordnungsverfahren unterstützt wurden. Durch eine sozialverträgliche Bereitstellung der für den Bau erforderlichen Flächen konnten der Flächenbedarf reduziert und Enteignungen vermieden werden. Dies trug nicht zuletzt dazu bei, Akzeptanz für derartige Infrastruktur-Großprojekte bei der betroffenen Bevölkerung zu schaffen.
Die zunehmend spürbaren Folgen des Klimawandels, das Bewusstsein für schwindende Ressourcen und der sich abzeichnende demographische Wandel führten ab der Jahrtausendwende zu neuen Schwerpunkten im Aufgabenspektrum der Flurneuordnung Verfahren mit dem Ziel, Hochwasserschutzprojekte oder Projekte der Energiewende zu unterstützen sowie die Dorfentwicklung zu fördern, setzen neue Akzente.
Die Begleitung vieler Projekte durch eine zunehmend kritischere Öffentlichkeit verlangte von Politik und Verwaltung eine noch intensivere Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in Planungsarbeiten. Auch die Flurneuordnung hat darauf reagiert: Die Bürgerinnen und Bürger können sich im Zuge von Flurneuordnungsverfahren informieren, in Workshops mitarbeiten und sich einbringen (Bürgerbeteiligung).
Für die Flurneuordnung ergibt sich so die Chance, regionale Aspekte und Interessen aufzunehmen, kreative Potenziale zu nutzen, Ideen umzusetzen und die notwendigen Veränderungen zu begleiten.
Für die Zukunft zeichnen sich weiterhin viele Herausforderungen ab:
In einem immer dichter bebauten Land konkurrieren unterschiedlichste Nutzungsansprüche um immer knapper werdende Flächen. Die Erzeugung nachwachsender Rohstoffe, Infrastrukturprojekte und Projekte des Natur- und Artenschutzes, der Wohnungsbau und die Nahrungsmittelproduktion konkurrieren um die gleiche Fläche. Die Flurneuordnung ist deshalb auch in Zukunft unverzichtbar als das geeignete Instrument, das diese unterschiedlichen Nutzungsansprüche ausgleichen kann und dabei gleichzeitig regionale Erfordernisse und Besonderheiten bestmöglich berücksichtigt.
Nachfolgend finden Sie eine detaillierte Übersicht zur geschichtlichen Entwicklung der Flurneuordnung: